(Kurz-)Trips

… und den in Berlin. Ja du hast richtig gehört, ich war in Berlin auf dem CSD am 22.07.2023. Bis vor ein paar Tagen hätte ich selbst nicht damit gerechnet. Doch ich habe es getan und mich getraut. Glaub mir, wenn du mich kennst oder weißt was ein Gedankenstrudel ist, weißt du was mir vorher alles durch den Kopf ging. Solltest du keine Erfahrungen damit haben, hier mal ein paar Gedanken die ich vorher hatte. Werde ich meinen Zug rechtzeitig bekommen, werde ich den Anschlusszug bekommen, werde ich ungeschützten Sex haben (ja, auch sowas ist mit dabei), werde ich zu viel saufen, was wenn ich das Hotel nicht finde, bekomme ich Panik weil ich unter so vielen Menschen sein werde? Das sind die Fragen, die mich in der Nacht wach halten. Aber ich will nicht so lange um den heißen Brei sprechen sondern zum wesentlichen kommen. Natürlich waren meine Sorgen was den Zug betraf unberechtigt. Allerdings gebe ich zu, dass ich auch erste Klasse reserviert hatte und gleich zwei Sitzplätze geblockt habe. Somit war alles sicher. Zwar kam mein RE etwas verspätet aber nicht so spät, dass ich den ICE verpasst hätte. Im Gegenteil, es war sogar gut, da ich nicht so lange auf den ICE warten musste. Die fahrt selbst war total unspektakulär. Na gut, das WLAN lässt teilweise zu wünschen übrig und ist zeitweilen langsamer als LTE. Aber für die, die eine geringes Datenvolumen im Monat zur Verfügung haben, ist es trotzdem praktisch. Ach ja und für mich war die Klima etwas zu kühl, aber auch das ist eher meine Empfindung, da ich nicht so der Klimaanlagenfreund bin.  Und eine Frage, hast du schon mal versucht während einer Zufahrt auf dem Klo zu pinkeln? Ich konnte es nicht, denn es hat alles so gewackelt, dass meine Blase dachte wir hätten ein Erdbeben. Egal, tatsächlich  bin ich sogar pünktlich am Hauptbahnhof Berlin angekommen. Da ein guter Freund ebenfalls mitkommen wollte, haben wir ausgemacht uns am Berliner Hauptbahnhof zu treffen. Natürlich habe ich erstmal den halben Bahnhof nach dem Gleis abgesucht wo mein Freund eintreffen sollte. Ich habe einfach einen bescheidenen Orientierungssinn, falls du dich fragst wir blöd ich bin. Aber zum Glück kann ich lesen und habe das Gleis noch rechtzeitig gefunden. Gut oder? Als ich ihn gesehen habe, umarmte ich ihn zur Begrüßung. Findest du das unwichtig an der Stelle? Nun ja, ich mag keine Umarmungen. Von daher ist es etwas besonderes. Zusammen haben wir uns aufgemacht zur U-Bahn, da wir erstmal im Hotel einchecken wollten. Eigentlich sind die U-Bahnen dort echt super praktisch und man kommt überall schnell hin. Aber die Lautstärke ist ziemlich heftig. Also ohne Kopfhörer würde ich nicht nochmal damit fahren. Besser gesagt, nächstes Mal habe ich meine Kopfhörer dabei. Angekommen im Hotel gab es einen kleinen Fauxpas beim Check-in. Die Reservierung war komischerweise auf meinen Namen obwohl Frank (so nenne ich jetzt mal meinen Kumpel) die Reservierung vermeintlich auf seinen Namen gebucht hat. Nun ja, nachdem wir alles geklärt hatten, sind wir aufs Zimmer und haben uns frisch gemacht. Übrigens haben wir Socken gefunden. War etwas unangenehm aber irgendwie hat keiner von uns das an der Rezeption gemeldet. Naja ich für meinen Teil war ich auch einfach zu aufgeregt. Und was kommt nachdem frischmachen? Richtig! Essen! Wir hatten so einen riesigen Hunger, dass wir erstmal zum Alexanderplatz gefahren sind. Auch dort ist alles so enorm gewesen, dass ich gar nicht wusste was ich machen sollte. Dank Frank bin ich aber schnell wieder zum Eigentlichen gekommen, wir wollte essen! Also haben wir in einer Galerie, ich weiß nicht mehr wie die hieß, uns umgeschaut und sind dann bei Frittenwerk gestoppt. Einfach nur weil die Pommes mit Knoblauch hatten. Die waren so geil, richtiger Gaumenorgasmus. Was mir hier aber aufgefallen ist, dass die Menschen um mich herum überhaupt nicht komisch auf andere geschaut haben, die nicht unbedingt dem gesellschaftlichen Standard entsprachen. Egal ob zwei Männer händchenhaltend, Menschen mit nicht „weißer“ Hautfarbe, oder einfach nur verrückt gekleidet. Niemand tuschelte oder schaute die schräg an. Ich frage mich also, ob Berlin so viel offener ist als kleinere Städte es sind. Zumindest würde das bedeuten, dass es doch Städte gibt in denen man sich viel besser ausleben kann, so wie man ist. So wie ich bin! So wie Du bist! 

Um dich hier nicht komplett mit Details zu nerven, mache ich jetzt einen kleinen Sprung zum Abend, denn in der Galerie sind wir schlussendlich nur noch gebummelt. Am Abend wollte ich noch etwas unternehmen. Franks Bekannte haben uns das Prinz Knecht empfohlen, dass eine Gay-Bar wohl ist. Da ich mir schon immer mal eine Gay-Bar anschauen wollte war ich natürlich total aufgeregt. Auf zur U-Bahn mit der wir dort hinfahren mussten. Theoretisch hätten wir sogar nur den leicht bekleideten Männern folgen müssen und wären dort angekommen. Ganz ohne Maps. Aber aus dem Besuch ist nichts geworden. Es war so voll, dass wir schon vor der Bar entschieden haben uns den Stress zu sparen und sind wieder zurück zum Hotel. Kurz davor haben wir uns noch etwas zu essen geholt. Im Hotel selbst haben wir noch einen Cocktail getrunken und sind dann ins Bett.

 

Am Samstag war es dann endlich soweit. Nachdem wir uns fertig gemacht haben, ging es auf zum CSD, beziehungsweise zur eigentlichen Parade. Wenn du selbst noch nicht da warst, wirst du dir kaum vorstellen können, welche Dimensionen das hatte. Es war überwältigend. So überwältigend, dass ich total versteinert und komplett verloren in meinen eigenen Gedanken war. Ich habe nicht einmal getanzt so überfordert war ich. Aber zurück zur Parade. Es ist schon heftig, wer sich alles zum Pride bekennt. Unter anderem war die evangelische Kirche, FDP, SPD und weitere Parteien, sowie Lieferando, Vodafone oder BILD und das sind nur einige wenige. Immerhin waren es über 70 Fahrzeuge. Doch wenn ich ehrlich bin, hat das ganze leider auch einen kleinen bitteren Beigeschmack. Nämlich den von Imagecleanwashing (ich nenne es so, ob es richtig ist weiß ich nicht.) Was ich damit sagen will ist, du und ich wissen beide, dass einige der Unternehmen die sich zur PrideFlag bekennen nicht gerade zu denen gehören, die für ein gutes Arbeitsklima stehen oder einen guten Ruf haben. Im Gegenteil. Viele davon stehen extrem in der Kritik, Mitarbeiter*innen auszubeuten und zu mobben und so weiter. Von daher wir der CSD  von denen ausgenutzt, unter der Pride-Flagge tolerant und divers zu sein um von der Wirklichkeit abzulenken. Versteh mich nicht falsch. Natürlich weiß ich, dass so eine Demo viel Geld kostet und finanziert werden will. Aber am Ende stelle ich mir die Frage, kann ich Unternehmen dafür nehmen, die eher kritisch zu betrachten sind und vor allem kann ich am Ende der Parade noch mit gutem Gewissen schlafen? NEIN. Doch das ist ein anderes Thema. Hier geht es jetzt damit weiter, dass ich vor Glück fast geweint hätte, weil ich dabei war. Nachdem die Fahrzeuge vorbei waren, sind wir mit der U-Bahn zur nächsten Station gefahren um die Fahrzeuge zu begleiten. Immerhin ist das Sinn eines Demozuges. Es war einfach so schön zu sehen, wie alle lachten, feierten und zusammen tanzten. Ich habe sogar noch weitere Menschen kennengelernt, die über einen Bekannten von Frank bei uns waren. Leider war ich so doof und habe vergessen nach den Nummern zu fragen. Sogar von Twitter hat sich noch jemand zu uns gesellt, ich nenne ihn mal Otto. Zusammen sind wir dem Demozug gefolgt. Haben allerdings auch einige aus der Gruppe wieder verloren. Warum? Naja ich habe einen bekannten Youtuber gesehen, den ich selbst total super finde. Den Tommy. Aber da ich nicht gerade einer bin der so ohne weiteres andere Anspricht, hat Otto es schlussendlich gemacht. Gott Otto, mein Held an dem Tag. Ich selbst werde in solchen Situationen einfach der schlimmste Fanboy. Kommt aber daher, dass ich nie weiß was man grundlos für Themen anspricht. Bin einfach kein Mensch für Smalltalk. Egal, ich schweife ab. Otto und ich haben ein Foto mit Tommy gemacht und ich war Stolz wie Oskar. Eigentlich wollte ich nicht mal mit auf das Bild aber die Bekannte von Tommy meinte, ich solle mich mit dazu stellen. Oh mein Herz schlug wie von einem Drummer auf einem Konzert getrieben. Aber wie gesagt ich habe ein Foto mit Tommy. Danach ging es weiter mit dem Zug Richtung Brandenburger Tor. Dort angekommen habe ich mir erstmal einen Cocktail bestellt. Der sogar richtig gut tat. Vermutlich weil wir eh nicht viel zu trinken dabei hatten. Jah ich weiß, aber es sollte an dem Tag gar nicht so warm und sonnig werden wie es dann war. Da Otto langsam nach Hause musste weil er noch eine andere Verabredung an dem Abend hatte und Frank und ich uns umziehen wollten sind wir erstmal zurück ins Hotel gefahren. Vorher haben wir Otto noch verabschiedet. Echt ein lieber Mensch und ich bin froh, dass ich ihn kennen lernen durfte. Zurück im Hotel sind Frank und ich komplett erschöpft auf Bett und Stuhl gefallen. Um ehrlich zu sein, fehlte auch die Energie um nochmal zum Brandenburgertor zu fahren. Außerdem mussten wir am folgenden Morgen um acht aufstehen damit wir unsere gebuchten Rückfahrten erreichten. Wir haben uns dann entscheiden nicht mehr raus zu gehen und im Hotel zu bleiben. Mental war ich auch komplett erschöpft und war ganz froh, dass wir nicht mehr los waren. Wobei ich mir aber gerne noch den Abschluss angeschaut hätte. Hier machen wir jetzt einen Sprung zum nächsten Morgen.

 

Heute ist Tag der Rückreise. Und für mich war alles entspannt doch für Frank ein Tag wie in der Hölle könnt man sagen. Alles fing morgens damit an, dass er seinen Pulli im Hotel vergessen hat. Oh, er hat mich noch gescholten weil ich nochmal zurück gegangen bin, um zu schauen, ob ich alles eingepackt habe. Tja so ist das. Zum Bahnhof mussten wir dann wieder mit der U-Bahn. Hier ist Frank dann auch aufgefallen, dass er seinen Pullover vergessen hat. Ach ja der war weiß und deswegen hab ich den beim Zimmercheck nicht gesehen, da der wohl auf dem Bett unter der Decke lag. Egal an der U-Bahn Station angekommen begegneten uns eine Armada von Schulkindern die ebenfalls mit der U-Bahn fahren wollten. Da wir uns aber dem Stress und der Lautstärke nicht aussetzen wollten, sind wir weiter hinten eingestiegen. Was wir nicht bemerkten, auch ein Kontrolleur ist mit uns eingestiegen. Und jetzt ratet mal wer kein Ticket gezogen hatte. Richtig, Frank. An der nächsten Station angekommen mussten wir aussteigen, da der Kontrolleur die Personalien von Frank aufgenommen hat und ihm ein Bußgeld von sechzig Euro aufgedrückt hat. Aber jetzt konnte er ins ganz Berlin fahren ohne ein weiteres Ticket zu bekommen, meinte der Kontrolleur. Innerlich musst ich laut lachen über diese Aussagen. Ach ja, ich selbst habe natürlich das Deutschlandticket gehabt. Weiter am Bahnhof dann angekommen, bekam Frank die Mitteilung, dass sein Zug ausfällt aber Ersatz bereit steht. Problem ist nur gewesen, dass durch den Ausfall des einen Zuges der Ersatzzug so voll war, dass dieser nach kurzer Zeit alle Fahrgäste rauswerfen musste, die kein Ticket für den Zug hatten, da dieser gänzlich überfüllt war.  Schlussendlich ist er mit einem Mietwagen wohlbehalten nach hause gefahren. Ach ja und ich? Joa, bei mir war alles ganz ruhig während der Fahrt. Zwar ist mein Anschlusszug ausgefallen. Das war aber nicht so tragisch, da dreißig Minuten später der nächste schon kam. 

 

Am Ende komme ich zum eigentlichen Grund für die Reise und meinem Fazit. 

Also warum habe ich die Reise gemacht? Nun ja, ich wollte mir selbst etwas beweisen. Da ich in den letzten Jahren meine sozialen Kontakte weitestgehend verloren und stak reduziert habe, versuche ich momentan wieder neue zu knüpfen, was mit zunehmendem Alter gar nicht so einfach ist. Trotzdem habe ich es gewagt und bin mega stolz, dass ich es gemacht habe. Auch wenn nicht alles so gelaufen ist wie ich es mir erhofft oder gewünscht habe. Doch am Ende habe ich zwei sehr liebe Menschen kennengelernt. Am CSD teilgenommen und eine ganz andere Kultur als die von Provinzstädtern kennengelernt. Und das wichtigste ich bin total euphorisch beflügelt gewesen. Ich bin sogar so energetisch gewesen, dass ich am Tag meiner Rückreise abends noch die Küche geputzt habe, da ich nicht wusste wohin mit meiner Energie und ich konnte für mich meine Gedankenstrudel bekämpfen und besänftigen. Allerdings hat auch etwas anderes Spuren hinterlassen aber dazu wann anders mehr. Hier bin ich jetzt am Ende und bedanke mich bei dir, dass du bis hier hin gelesen hast.

Falls du noch Bock auf Fotos hast, die findest du auf Instagram und für die Bewertungen findest du hier weiter unten die Verlinkungen. Mach gut und bis zum nächsten Mal.

 

30.07.2023 Harleking

Mein erstes Mal… CSD…

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